SHS-Serie: Meilensteine der Medizin: Folge 3 Depression
Geschichte der Depression
„Angst und Schrecken in der Nacht wie am Tage, Schlaflosigkeit, Missgriffe, Irrtümer, unangebrachte Sorgen, mangelnde Einsicht in die tatsächliche Lage und Handeln wider die Gewohnheit …“ – so beschrieb Hippokrates, berühmtester Arzt der Antike, die Depression, die damals noch als Melancholia bezeichnet wurde. Den Namen Depression erhielt die Krankheit erst im 19. Jahrhundert. Pflanzen wie Basilikum, Nieswurz, Pfeffer, Ingwer oder Blumenkohl sollten dagegen helfen.
Friedrich Hölderlin
Einer der berühmtesten psychisch Kranken war der lange Zeit in Tübingen lebende Dichter Friedrich Hölderlin. Der sicherlich auch von Ängsten und Depressionen Gepeinigte wurde von vielen seiner Zeitgenossen sogar als wahnsinnig bezeichnet. Über eine genauere medizinische Diagnose wurde lange gestritten – sie wird wohl auch nicht mehr möglich sein. Im Jahr 1806 musste sich der Dichter jedenfalls einer 231 Tage andauernden Behandlung im damaligen Tübinger Klinikum (heute Tübinger Burse) von Professor Autenrieth unterziehen – eine traumatische Behandlung für den höchstsensiblen Hölderlin. Der Tübinger Schreinermeister Zimmer hatte Hölderlin schließlich am 3. Mai 1807 zu sich genommen. Fast 40 Jahre lebte Hölderlin bei der Familie Zimmer, die ihn liebevoll pflegte. Am 7. Juni 1843 starb er im Alter von 73 Jahren im Hölderlinturm, dem Tübinger Wahrzeichen am Neckar. Hölderlins Gedichte zählen heute zum Schönsten was die deutsche und abendländische Literatur hervorgebracht hat.
Erstes Anti-Depressivum auf dem Weltkongress für Psychiatrie 1957
Mit den früheren Kräutern und Wurzeln haben die heutigen Anti-Depressiva wenig zu tun. In Jahr 2019 wurden laut FAZ 1,609 Milliarden Tagesdosen in Deutschland verordnet. Gegenüber dem Jahr 2010 (1,174 Milliarden Tagesdosen) war dies eine Zunahme von 37 Prozent, obgleich deren Wirksamkeit nicht immer unumstritten ist. Die WHO geht davon aus, dass Depression bis 2030 wahrscheinlich die häufigste Krankheit in den Industrienationen sein wird, noch vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Allerdings ist die Diagnose der Depression auch heute noch nicht sehr präzise: eine Vielzahl seelischer Erkrankungen mit unterschiedlichen Ursachen wie Stress, Traumata und genetischer Veranlagung verbergen sich dahinter.
Auswirkungen der Pandemie
Der Anteil der an Depressionen und Angststörungen leidenden Kinder hat sich durch die Corona-Pandemie weltweit verdoppelt. Insbesondere in Staaten, in denen die Schulen über viele Wochen und Monate geschlossen waren und somit die Alltagsstruktur mit ihren verschiedenen sozialen Kontakten verloren ging, häuften sich die mentalen Auswirkungen in Form von Traurigkeit, Antriebslosigkeit, Ängsten und Unruhe, Schlaf- und Essstörungen. Laut Copsy-Studie des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf zeigt jedes dritte Kind in Deutschland inzwischen eine psychische Auffälligkeit. Die Behandlungsplätze reichen bei Weitem nicht aus. Selbst äußerst verzweifelten Kindern und Jugendlichen kann nicht sofort eine professionelle Therapie angeboten werden. Stattdessen müssen Psychiater und Psychotherapeuten selbst Notfälle auf eine Warteliste setzen, wissend, dass die Patienten oft noch kränker werden. Experten warnen davor, dass die Auswirkungen der Pandemie noch nicht abgeschätzt werden könnten und fordern daher schnellstmöglich geeignete Behandlungsprogramme für die Depressionspatienten.
Online-Therapie-Kurse auf Rezept
Eine echte Therapie können Online-Therapie-Kurse nicht ersetzen, aber sie können das Leiden während dieser Wartezeit auf einen Therapieplatz etwas lindern: Seit Ende 2020 gibt es den zwölfwöchigen Online-Kurs bei Depressionen von Selfapy auf Rezept. Ermöglicht wird dies durch das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG). Dass dieses Angebot angenommen wird, zeigen die Zahlen. Über 35.000 Menschen, darunter viele jüngere, haben die Selfapy-Online-Kurse bereits belegt.