Serie SHS-Senior-Advisor
Hier stellen wir Ihnen die SHS-Senior-Advisor vor. Die Erfahrung dieser Experten spielt für uns eine wichtige Rolle im Investment-Prozess und kommt nicht zuletzt unseren Portfoliofirmen zugute.
Professor Dr. rer. nat. Armin Bolz war von 1999 bis 2013 Professor für biomedizinische Technik am KIT. Parallel dazu hat er mehrere Start-ups gegründet und verkauft, zum Beispiel die Corscience GmbH & Co KG. Aktuell ist er als Investor und Business Angel tätig und unterstützt motivierte junge Teams, spannende neue Technologien umzusetzen und zum Erfolg zu bringen. Beispiele hierfür sind die tVNS Technologies GmbH oder die Interherence GmbH. Mehr und mehr kommen dabei auch eigene M&A Aktivitäten zum Tragen.
Was hat Sie bewogen, sich nach Ihrem Studium und schon während der Promotion der Medizintechnik zuzuwenden?
Das Physikstudium in Erlangen forderte seinerzeit ein Nebenfach. Eine der Optionen war die physikalisch – medizinische Technik. Dieses Fach hat mich begeistert, weil es nach der langen theoretischen Ausbildung Einblicke in sinnvolle Anwendungen des frisch erlernten Wissens bot.
Auf diese Weise hatte ich das Glück, den Lehrstuhlinhaber Herrn Prof. Schaldach, Gründer und Inhaber der Biotronik AG, kennenzulernen. Er lebte mir die Verbindung von akademischem Interesse und unternehmerischer Verantwortung vor. Die reine Veröffentlichung von neu Entdecktem war für ihn nie das Ziel. Erst wenn die neuen Erkenntnisse in einem Produkt einem Patienten zugutekamen, war er zufrieden. Die logische Konsequenz für mich war, die wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Promotion (mit seiner finanziellen Unterstützung) in einer Firma in ein Produkt umzusetzen. Das war mein Einstieg in die unternehmerische Berufswelt in jungen Jahren. Mein erstes Produkt waren beschichtete Elektrodenköpfe für Herzschrittmacher, die die Impedanz senkten und so die Laufzeit der Implantate verbesserte.
Was reizt Sie an Ihrer Tätigkeit als Senior Advisor bei der SHS?
Dank der SHS erhalte ich Einblick in interessante Firmen, darf mich zu unternehmerischen Einschätzungen austauschen und vor allem viel lernen. Die Sicht von Mittelstandsinvestoren ist eine deutlich andere als die eines technophilen Enthusiasten oder eines Familienunternehmers. Jede Sichtweise ist auf ihre Weise berechtigt und ist in einer bestimmten Entwicklungsphase eines Unternehmens wichtig.
Welche Trends sehen Sie in der Medizintechnik/Healthcare-Branche in den nächsten drei bis fünf Jahren?
Vergleiche ich die Prozesse eines großen Industrieunternehmens und ihre Unterstützung durch digitale Systeme mit den Abläufen in vielen Kliniken, so sehe ich einen riesigen Nachholbedarf. Die organisatorische und digitale Perfektion, mit der ich heutzutage online Produkte kaufen kann, kann in vielen Gesundheitsbereichen ein Vorbild sein, um Wartezeiten zu verringern, Informationsflüsse fehlerfreier sicherzustellen und die Effizienz der Prozesse zu erhöhen. Ein Aspekt hierbei ist auch die vermehrte Einbindung von KI, da das Fachwissen der einzelnen medizinischen Disziplinen immer größer wird und von einer Person kaum mehr zu erfassen ist.
Ein Bereich fasziniert mich persönlich: Elektrozeutika als Antwort auf die steigende Skepsis gegenüber pharmazeutischen Produkten bieten interessante neue Therapieansätze. Gemeinsam mit dem großen Trend medizinischer Wearables machen Elektorzeutika eine Therapie steuerbar, kontrollierbar und können so einen Beitrag zur Individualisierung von Therapien liefern. Jeder Mensch ist anders und benötigt etwas anders. Personalisierte Medizin ist hier das entscheidende Schlagwort.
Was sind die zukünftigen Herausforderungen für die Medizintechnik-/Healthcare-Branche, und welche Rolle kann hier ein Medtech-Investor wie die SHS spielen?
Die neuen regulatorischen Vorgaben führten zu einer massiven Kostensteigerung. Gleichzeitig altert die Gesellschaft, das heißt der Bedarf steigt stark und dies bei insgesamt beschränkten Ressourcen. Die Medizintechnikindustrie wird daher mehr und mehr ihren Weg in eine „reife“ Old Economy gehen. Vergleichen wir die Margen und Prozesse mit der Automobilindustrie, so zeigt sich, wie viel Potenzial hier noch möglich ist. Waren in der Vergangenheit an jedem elektromedizinischen Gerät eigene kundenspezifische Displays eine Selbstverständlichkeit, so werden in Zukunft mehr und mehr Standardtablets à la iPad eingesetzt. Auf die eigene Designsprache wird aus Kostengründen verzichtet. Heutzutage kommt kein Autohersteller mehr auf die Idee, eigene Bremsen, Sitze oder ähnliches zu bauen. Die Welt der B2B-Partner und Zulieferanten und deren Aussteuerung wird zunehmend an Bedeutung gewinnen. Vielleicht bietet das auch eine Chance für Europa, die bisherigen Materialströme wieder etwas zurückzuholen und damit die Supply Chain sicherer zu gestalten.
Ein Investor wie die SHS kann dabei wertvolle Unterstützung leisten, indem das SHS-Team die Portfoliofirmen rechtzeitig auf diesen Trend vorbereitet und entsprechende Lösungen umsetzt, zum Beispiel auch durch eigene Investitionen.