Impact Investing und ESG: wirkungsorientiert im Healthcare-Bereich investieren
Impact Investing und ESG gewinnen immer mehr an Bedeutung. Der Trend zum wirkungsorientierten und nachhaltigen Investieren scheint unaufhaltsam. Grund genug, mit einem Unternehmen zu sprechen, das seit seiner Gründung einen Investmentansatz verfolgt, der zum einen auf finanzielle Rendite abzielt, zum anderen aber auch auf die soziale Wirkung des Investments bedacht ist.
Der Tübinger Healthcare-Investor SHS investiert seit 1993 in Wachstumsunternehmen und Mitttelständler aus dem Healthcare-Sektor, damit diese Produkte und Dienstleistungen entwickeln können, die der Gesellschaft als Ganzes zugutekommen. Damit hat die SHS Impact Investing betrieben, lange bevor es diesen Begriff gab.
Dr. André Zimmermann wird in den nächsten Ausgaben dieses Newsletters das Thema „Impact Investing/ESG“ beleuchten. Zum Auftakt haben wir dem Business-Development-Experten und Head of ESG bei der SHS ein paar Fragen zum Thema Impact Investing gestellt.
Redaktion: Eine Studie der Bundesinitiative Impact Investing und der Universität Heidelberg kommt im Juni 2020 zu dem Schluss, dass Impact Investing und ESG auf dem Weg zum Mainstream sind. Worin unterscheiden sich eigentlich diese beiden Ansätze?
André Zimmermann: Grob gesagt müssen beim ESG Investing (Environmental, Social, Governance) Faktoren aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung beachtet werden. Dies geschieht in der Regel im Ausschlussverfahren. Die OECD hat dazu Guidelines bereitgestellt, die jedoch keine globale Verbindlichkeit haben. Beim Impact Investing unterscheidet man zwischen einem Impact First Ansatz, bei dem der soziale oder ökologische Ertrag vor der finanziellen Rendite steht, und dem Finance First Ansatz. Der Finance First Ansatz, wie ihn die SHS verfolgt, hat die finanzielle Rendite im Fokus, berücksichtigt aber zwingend soziale und/oder ökologische Rahmenbedingungen. Auch ESG und SRI Investing (Socially Responsible Investments) sind im weitesten Sinne Impact-Investing-Strategien. In der öffentlichen Diskussion werden die verschiedenen Investment-Ansätze auch allgemein unter dem Begriff „nachhaltiges Investieren“ zusammengefasst, bzw. auch schon mal durcheinander geworfen. Eine klare Unterscheidung bei der Terminologie wäre wünschenswert. Fakt ist aber: Impact Investing ist auf dem Vormarsch, und Rendite und Wirkung können sehr wohl Hand in Hand gehen. Wie das geht, zeigt die SHS seit fast drei Jahrzehnten.
Seit wann spricht man denn von ESG und SRI?
Der Begriff SRI (Socially Responsible Investing) kam erstmals Anfang der 1990er auf. Die Idee dahinter existiert allerdings schon viel länger. So haben bereits vor 200 Jahren Methodisten in den USA um deren Gründer John Wesley Geldanlagen ausgeschlossen, die mit Glücksspiel, Waffen, Tabak und Alkohol zu tun hatten. Im Jahr 2005 kam erstmals der Begriff ESG Investing auf, und zwar im Rahmen einer Studie mit dem Titel „Who Cares Wins“, die veröffentlicht wurde, nachdem der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan 50 der weltgrößten Finanzinstitutionen aufgefordert hatte, darüber nachzudenken, wie man den Nachhaltigkeitsgedanken in die Kapitalmärkte tragen kann. Der Terminus Impact Investing wurde im Jahr 2007 von der Rockefeller Foundation eingeführt. Man wollte damit eine neue Art des Investierens beschreiben, die sowohl auf Rendite als auch auf soziale und ökologische Wirkung abzielt.
Wie groß ist das Marktvolumen im Segment Impact Investing?
Die eingangs erwähnte Studie der Bundesinitiative Impact Investing und der Uni Heidelberg geht von einem Volumen in Deutschland von knapp 6,5 Milliarden Euro für Impact Investing im weitesten Sinne aus, also inklusive ESG, SRI, Finance First und Impact First. Es gibt hier eine große Wachstumsdynamik, da die Bedeutung von nachhaltigem Investieren und Anlegen bei allen Playern zunimmt. Der Bereich Gesundheit, in dem die SHS unterwegs ist, spielt hier, neben dem Klima, eine ganz zentrale Rolle. Spätestens im Zuge der Corona-Pandemie und der Suche nach einem Impfstoff hat man gesehen, wie wichtig Impact Investing ist.
Welches sind die Hauptbranchen, die für Impact Investing und ESG interessant sind?
ESG ist eigentlich für alle Branchen relevant, wobei der Fokus hier auf die Identifizierung und Reduzierung von ESG-Risiken im Rahmen eines Investments liegt. Für ein Impact Investing, wie es SHS versteht, kommen insbesondere Branchen in Betracht, die einen positiven Einfluss auf sozialer und/oder ökologischer Ebene haben können, zum Beispiel Healthcare und Life Science, Saubere Energie, Bildung, nachhaltige Landwirtschaft.
Wie ist die Ausrichtung der SHS-Fonds, eher ESG oder Impact Investing?
ESG-Kritierien fließen schon seit fast dreißig Jahren in die Investment-Entscheidungen der SHS ein. Aber als einer der führenden Brancheninvestoren in den Bereichen, Healthcare, Life Science und Medtech verfolgt die SHS eine klare Impact-Investing-Strategie. Wenn man sich vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemielage die Portfoliofirmen des Investors anschaut, wird klar, dass hier Firmen dabei sind, die wirklich dazu beitragen können, dass wir dieses Virus in den Griff bekommen.
Können Sie dazu bitte zwei, drei Beispiele nennen?
Nehmen Sie die GNA Biosolutions aus München, die vor ein paar Tagen die Sonderzulassung der Behörden für ihre hochgenauen Corona-Tests erhalten hat. Oder die c-LEcta GmbH, deren Enzyme bei bestimmten Impfstoffprogrammen zur Entwicklung eines Corona-Impfstoffs benötigt werden. Und in der Logistik von hochempfindlichen Flüssigkeiten sind die Produkte des Portfoliounternehmens Single Use Support gerade dabei, so etwas wie der Industriestandard zu werden. Solche erfolgreichen Entwicklungen machen uns als Investor schon auch ein wenig stolz.
Wie stehen die Anleger der SHS-Fonds zu ESG und Impact Investing?
Impact Investing und ESG sind schon lange kein Exotenthema mehr. Beide Themen haben über die letzten zehn, fünfzehn Jahre definitiv an Bedeutung gewonnen, so auch bei den institutionellen und privaten Anlegern der SHS. Zu diesen zählen heute namhafte Family Offices, Pensionskassen, Versorgungswerke, Banken und Sparkassen, Kirchen, Krankenversicherungen und Industrieunternehmen. All diese Anleger wollen zwei Ziele miteinander verbinden: eine gute finanzielle Rendite und eine Wirkung im sozialen und/oder ökologischen Bereich. Wir nennen das „Double Bottom Line Goal“.
Wo es Licht gibt, gibt es auch Schatten. Woran erkennt der Anleger Green Washing?
Wenn Firmen prinzipiell nur über die positiven Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit sprechen und alle negativen Faktoren auslassen, dann sollte man hellhörig werden. Denn dies ist nicht realistisch! Die Entwicklungsziele der UNO zielen eben genau darauf ab, ökologische und soziale Defizite der Unternehmen offen anzusprechen. Wir brauchen Unternehmen, die die Probleme und Herausforderungen ihres Umfelds thematisieren und bereit sind, Veränderungen in die Wege zu leiten. Nur mit einer solchen Haltung kann der Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise gelingen.
Woran erkennt man seriöse ESG oder Impact-Investing-Anlagen?
Wenn ein Brancheninvestor oder eine Investmentgesellschaft in ausgewählten Sektoren (z.B. Healthcare/Life Science/Medtech oder Clean Energy) über viele Jahre oder gar Jahrzehnte erfolgreich aktiv ist, d.h. das Renditeziel erreicht und gleichzeitig soziale/ökologische Verbesserungen im Sinne des „Double Bottom Line“ erzielen konnte, dann ist dies ein klares Indiz für eine seriöse Anlage.
Was plant die SHS in Sachen Impact Investing im Jahr 2021?
Zunächst einmal besteht Grund zur Hoffnung, dass wir dieses Jahr dank der gemeinsamen, weltweiten Anstrengungen das Corona-Virus mit verschiedenen Impfstoffen in den Griff bekommen. Ich finde es toll, dass hier auch deutsche Unternehmen und deutsches Risikokapital eine maßgebliche Rolle spielen. Was die SHS angeht, sind wir laufend auf der Suche nach zukunftsträchtigen Beteiligungen in den Bereichen Healthcare, Life Science, Diagnostik und Digital Health. Die Bedeutung dieses Sektors wird zunehmen, das hat Corona gezeigt. Im Moment investiert die SHS noch aus dem SHS-Fonds V. Der nächste SHS-Fonds VI, mit dem wir unseren Impact-Investing-Ansatz konsequent weiter verfolgen werden, ist jedoch bereits in Planung.
Wir danken für das Gespräch.